Logo Kurt Scheuerer Wissensspeicher zur Geschichte von Ingolstadt  
Jakob Balde
Ode an Churfürst Maximilian

 
Und(e h)aec dierum / certaque noctium
vicissitudo? / Quis vaga nubium
solemque planetesque stellas
et volucreis moderatur horas?

Woher dies stetig / wogende Wechselspiel
von Nacht und Tag? Wer / ordnet der Wolken Flucht,
der Sonne Lauf, die Wandelsterne
und die geflügelten Reih`n der Stunden?

 

Hiems tepenti / vere resolvitur.
Succedit aestas / et gracilis Ceres,
quam pulcher Autumnus racemis
induit a Borea fugandus.

Der Winter taut vom / Atem des Lenzes hin.
Mit schlanker Ceres / schreitet der Sommer nach.
Ihn kränzt der holde Herbst mit Trauben,
bis vor dem eisigen Nord auch er flieht.

 

Quo tanta motu / machina vertitur?
Quis gyrat axem? / Quis refluum mare
seducit aurigante Luna
oceani docilos recursus?

Durch welchen Anstoß / schwebt der gewalt`ge Bau?
Wer schwingt den Erdball, / leitet das flieh`nde Meer
zur Küste, wenn - an Mondeszügeln -
willig die Fluten zurücke branden?

 

Legem sequuntur / cunta: Deus, deus
mundo supremus / praesidet arbiter.
Et vallat, o princeps, abyssos
consilio tumidosque librat

fontes aquarum. ...

Gesetzen folgt Jed/wedes: Ein Gott, ein Gott
thront allentscheidend / über dem Weltenring
und dämmt mit Weisheit ein die Tiefen,
wägt, o Gebieter, die Wasserbrunnen,

die hochgeschwoll`nen, ...

...
...
...

...
Ille tuos tremefecit hostes,

Elusit astu, / turbine reppulit,
prostravit armis, / obruit ignibus,
delevit undis et frementum
scuta virum galeasque mersit.

...
Er hat die Feinde Dir all entmutigt,

Er trog durch List sie, / trieb sie mit Sturm zurück,
bezwang mit Waffen, / hüllte in Glut sie ein,
ersäuft` im Strom sie und versenkte
spurlos der Knirschenden Wehr und Rüstung.

 

Aequanda cannis / tristibus Appuli
Wimpfena vici / propulit in putres
paludis algas luctuosa
Turlaciae monumenta cladis.

Der Tag bei Wimpfen, / wahrlich an Todesgrau`n
ein andres Kannä, / jagte zutiefst hinein
in`s faule Moorschilf jene wirren
kläglichen Trümmer des flieh`nden Durlach.

...
...
...

Haec dico vates: / Magna sonantibus
plerumque buccis spes tumidae crepant,
disrumpit inflatos vapore
immodico vapor ipse folles.

So spricht der Seher: / Gern, wenn die Wange schwillt
zu stolzem Machtwort, / bersten die Hoffnungen.
Die allzuvoll mit Wind gelad`nen
Bälge - des Windes Gewalt zersprengt sie.

 

Sed ista cursu / iam medio: fores
periculosas / vix patefecerat
Janus Bohemor(um), et micabant
castra tuis Alemanna rhombis.

Doch sieh: Wir steh`n in / Mitte der Kämpfe schon.
Kaum schloß der Böhmen / Janus die Pforten auf,
die schicksalsvollen, da schon blinkten
Austrias Zelte von Deinen Rauten.

 

Pragensis ex quo / perfida futili
vexilla fastu / regulus extulit:
Sub Martis alternante fluctu
quam varios superare casus

virtus adegit! ...

Seitdem erhub in / nichtigem Übermut
Prags Winterkönig / seines Verrats Panier,
wie drangst du bei des Krieges Brandung
siegend durch immer erneute Stürme

auf`s Wort der Tugend! ...

 

... / Qualis in Herculem
noverca Juno / totque sequacium
inventor Eurystheus laborum
incubuit duplicare fessus

portenta servo, / Dux, eadem manu
fudisse felix / ordine singula:
Nessumque stravist(i) et leonem
degener(em) ignivomosque tauros.

... / So wie auf Herakles
die böse Sieben, / Juno, gelastet, wie
Eurystheus, ew`ger Müh`n Erfinder
selber erlahmt, zu erhöh`n dem Knechte

die Wunderproben, / ähnlich erschlugst Du, Fürst,
beglückten Arm`s die / Bestien, hingereiht,
den Nessus uns, den stammvergess`nen
Leu`n und die Stiere, die feuersprüh`nden.

...

Quae summa mirer? / Grandibus excidit
Antae-us ausis / Balticus. Excidit
terramque maternam negatum (e)st
in Lycio tetigisse campo.

Wo soll mein Staunen / gipfeln? Er sank dahin
aus großem Wagnis - / Nordens Antäus sank,
und noch sein Mutterland zu finden
ward ihm versagt auf den Eb`nen Lützens.

 

At Cacus Egrae, / belua saevior,
toto momordit / pectore lanceam:
Porrectus immaniqu(e) iustas
caede ru-ens satiavit iras.

Doch Cacus schlang , ein / wilderes Ungetüm,
den Speer zu Eger / in die gebot`ne Brust
hochaufgereckt, und stürzend sühnt`ein
riesiges Opfer gerechte Rache.

...
...
...

Dolore fortis / saepe premi potest,
quandoque flecti, / non tamen opprimi.
Salicta vix contacta cedunt,
palma suos levat alta ramos!

Bedrängt vom Schmerze / mag man den Tapfern seh`n,
gebeugt bisweilen, / aber bezwungen nie!
Es senkt sich, kaum berührt, die Weide.
Stolzer erhebt ihr Gezweig die Palme!

 

Non negleguntur, / quos bene neglegit
numen probandos, / si modo vulnera
ferant silentes seque duris
non metuant aperire fatis.

Nie sind vergessen, / welche so gern der Herr
vergißt zur Prüfung, / wenn sie die Wunde nur
mit Schweigen dulden und nicht zaudern,
harten Geschicken die Brust zu öffnen.

 

Revolve mecum / tempora, Maxime,
unaque confer / lapsa fluentibus:
Accendit eventu secundo
oppositus color ater album.

Mit mir, du Großer, / blätt`re die Zeiten durch
und schau das Heute / staunend dem Einst gepaart:
Bewegt von ungeahntem Glücke
mußte das Dunkel den Tag entzünden!

 

Declivis aetas / iam superaddidit
bis quinque lustris / sex tri-eteridas,
integra nec suso nec omni
flore carens. ...

Dein Lebensabend / hat zu der Lustren zehn
neun Doppeljahre / reichlich hinzugefügt,
noch unverdüstert, unverwelkt noch,
nimmer entblättert. ...

 

... Juvenile sceptrum

adhuc fatiges, / quamlibet improbam
molem negotii / frangere pertinax.
Hostes peremt(um) iamque dudum
exanimem voluere: Vivis!

... Der Jugend Zepter -

Dein Arm ermüdet`s , / aller Geschäfte Wucht,
so schwer sie drücke, / nervig bewältigend.
Die Gegner wollten Dich vernichtet,
wollten gemordet Dich schau`n; Doch lebst du!

...
...
...

Emuniuntur / diruta fortius,
nov(a) exstruuntur. / Protrahimus focos,
ornamus aras. Templa Finus
sacrilego temeravit ungui:

Formosa celsum / plura levant caput!

Was eingeschüttet, / steht nur gewalt`ger auf,
mit neuem Bollwerk. / Giebel an Giebel steigt.
Altäre prangen. In den Tempeln
wühlte der Finne mit frevlen Krallen:

Zu mehrer`n heben / jene das Ätherhaupt!

 

Tutela Magnae / virginis in Foro
accessit urbi. Damna prosunt,
cum Superi statuere lucrum.

Zur Stadt hernieder / ließ sich auf off`nem Markt
der großen Jungfrau Schutz. Aus Unheil
träufet uns Glück, wenn`s gebeut der Himmel.

 

Quid(am) et profundis / morsibus erui
Boiam petebant / stirpitus arborem:
Accrevit immortale pomum!
Diminui radios honoris:

Novo coruscas! / Stare potentiam:
Ultra cucurrit! / Ne iuveni quidem
optabat Heidelberga prolem:
Mira fides novitasque rerum!

Mit tiefen Hauern / wollte so mancher Feind
den Stamm der Boier / völlig entwurzeln schon:
Da wuchs unsterblich neue Frucht an!
Wollten verfinstern des Ruhmes Sonne:

Sie strahlt von Neuem! / Hemmen das Machtgebot,
Und weiter drang es! / Gönnte doch Heidelberg
bereits dem Jüngling keinen Sprossen:
Selt`ner Erfolg! Unerhörte Fügung!

 

Solatur heres / bisgeminus senem
patremque fecit. Iam tibi discutit
curas et aetatem coronat.
viva tener rosa Ferdinandus.

Dem Greise schafft ein / doppelter Erbe Trost
und Vaterfreude. / Mählich verscheuchet Dir
die Sorgen, mählich krönt Dein Alter
Ferdinand hold, die erblüh`nde Rose.

 

Iam frater audit. / Iam quoque Castori
Pollux adhaeret. / Iam lepidi fluunt
inverba risus. Iam pererrat
parvulus Aemilianus Aulam.

Schon ward er Bruder, / schon ist an Castor eng
geschmiegt ein Pollux. / Schon zu Geplauder fließt
sein herzig`Lachen, schon durchirrt er
Deine Paläste - ein kleiner Heros.


Übersetzung von Johannes Schrott.

Anmerkungen:

  • Wimpfen: Hier schlug Tilly am 6. Mai 1622 den Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach.
  • Eurystheus: König von Mykene, er stellte dem Herakles auf Heras Befehl die zwölf Aufgaben.
  • Nessus: Kentaur, von Herakles getötet.
  • Antaeus Balticus: = Gustav Adolf, gestorben am 6. November 1632.
    Antaeus war ein Gigant, der Sohn des Poseidon und der Gaia, dem die Berührung mit der Mutter Erde stets neue Kräfte gab. Von Herakles bezwungen.
  • Cacus: Ein Flammen speiender Riese, der in einer Höhle auf dem Aventin hauste. Er stahl dem Herakles einen Teil seiner Rinderherde, weshalb er von diesem erschlagen wurde.
  • Die Bestien sind:
    Hydra: Christian IV. von Dänemark.
    Viperae: Die Gegner der Übertragung der Kurfürstenwürde auf Maximilian beim Regensburger Deputationstag 1623.
    ignivomi tauri: Markgraf Friedrich von Baden-Durlach, Christian von Braunschweig, Christian von Anhalt (?).
    leo degener: Friedrich von der Pfalz, Winterkönig.
    Nessus: Wolfdietrich von Raitenau.
    Cacus: Wallenstein.
  • Revolve mecum: Es gab nie einen so vertrauten Umgang zwischen den Beiden!
  • Declivis aetas: 68 Jahre. Lustrum: Fünf Jahre. Sex tri-eteridae: Sechs mal drei Jahre.
  • Mariensäule: 1638.
  • Immortale pomum: 1628 Erblichkeit der ersten weltlichen Kur.
  • Heidelberga: Churfürst Friedrich von der Pfalz, ein Vetter Maximilians.
  • Doppelter Erbe: Für Churbayern und Churköln.
  • Aemilianus: = Maximilian Philipp.
    Seit 1620 versuchte man am Münchner Hof, "Maximilianus" neu zu erklären:
    "Maximus Aemilianus" ist eine Überbietungsform des Aemilianus, nämlich des Scipio Aemilianus, der 146 v.Chr. als Feldherr der römischen Republik das aufsässige bzw. rivalisierende Karthago bezwang.

Diese Anmerkungen wurden von Sebastian Enzinger (nach Johannes Schrott) zusammengestellt.

Der obige Text wurde von Sebastian Enzinger und Kurt Scheuerer im Tonstudio von Radio Horeb gelesen und war in der Ausstellung des Stadtmuseums Ingolstadt über Churfürst Maximilian von Bayern im Herbst 2001 zu hören.

Die ersten lateinischen Sätze dieses Gedichtes wurden von Sebastian Enzinger zur besseren Verständlichkeit in Strukturen zerlegt.


siehe auch:


Impressum - - - Nachricht an den Gestalter der Seiten: Kurt Scheuerer
Zur Auswahl Personen aus Ingolstadt - - - Zur Auswahl Wissensspeicher Ingolstadt