Seiteninhalt
29.04.2023

Ingolstadts fränkische Wurzeln

Wichtige Forschungsarbeit zur Frühgeschichte der Stadt

Die Anfänge Ingolstadts geben nach wie vor viele Rätsel auf. Michael Marchert ist mit den Methoden der Archäologie der Frage nachgegangen, wer die Leute waren, die im frühen Mittelalter den Raum Ingolstadt besiedelten und deren unmittelbare Nachkommen das 806 erstmals genannte Königsgut Ingolstadt bewirtschafteten. Seine Dissertation „Die merowingerzeitlichen Gräberfelder von Etting-Nordumgehung und Umgebung“ stellte Marchert vergangene Woche im Stadtmuseum vor.

In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts erzwangen „die inzwischen bis ins Main- und Neckargebiet verbreiteten Franken“ den „unmittelbaren Zugang zur Donauzone“. So kann man es im Stadtmuseum nachlesen. Weiterhin informiert der Tafeltext im letzten Raum der Archäologischen Abteilung des Museums: „Nachdem die Anlage des Königshofs Lauterhofen erwiesenermaßen abseits bestehender, vormals bairischer Siedlungen erfolgte, darf man einen entsprechenden Vorgang auch für die Einrichtung des Königshofs Ingolstadt bei der Einmündung der Schutter in die Donau annehmen.“

Der Königshof Ingolstadt, die Keimzelle der späteren Stadt, wäre also ein Stützpunkt der übermächtigen Franken inmitten älterer Siedlungen gewesen, die einmal bairisch und zum bairische Stammesherzogtum zugehörig waren. Letztendlich ist die Geschichte aber aus bayrischer Sicht „gut gegangen“ und der heutige oberbayerische Donauraum ist bayrisch geblieben.

Diese neue Doktorarbeit der Universität Jena wirft nun ein neues Licht auf die Frühgeschichte Ingolstadts. Ihr Verfasser, Michael Marchert, hat mehrere „bajuwarische“ Gräberfelder um Ingolstadt, bei Etting, Gerolfing, Bergheim, Buxheim und Oberstimm untersucht. Er konnte zahlreiche Merkmale und Eigentümlichkeiten des Grabbaus, der Grabausstattung, vor allem aber der Keramikgefäße in den Gräbern herausarbeiten – die alle nach Nordwesten, nach Mittelfranken weisen. Manche Gefäße an der Donau und in Mittelfranken ähneln sich dermaßen in Machart und Dekor, dass man sie austauschen könnte.

Es sieht also ganz danach aus, als sei der fränkische Königshof Ingolstadt nicht als „Eindringling“, sondern in einer von Anfang an fränkisch geprägten Umgebung entstanden. Richtig bayerisch wurde der Raum Ingolstadt erst später. Die alten Verkehrswege entlang Altmühl und Schutter, aber auch auf den Römerstraßen, ließen die fränkischen Einflüsse leicht die Alb überwinden und bis zur Donau vordringen. Aber auch zahlreiche weitere Informationen liefert die zweibändige Doktorarbeit von Michael Marchert zu Grabbau und Grabausstattungen, die detailliert analysiert werden.

Kulturreferent Gabriel Engert, selbst fränkischer Herkunft, dankte Michael Marchert und zahlreichen Unterstützern für die wichtige Forschungsarbeit zur Frühzeit Ingolstadts, Prof. Peter Ettel als Betreuer der Arbeit, den ehrenamtlichen Helfern des Historischen Vereins Ingolstadt, der auch den Druck finanziert hatte, sowie den Restauratoren, Zeichnern, Anthropologen und besonders Ulrich Rössle für seine hochwertigen Fotographien.
Für das Landesamt für Denkmalpflege, das als Projektpartner die Doktorarbeit wesentlich unterstützt und mitfinanziert hat, lobte der Leiter der bayerischen Bodendenkmalpflege, Dr. Walter Irlinger, die Akribie der Untersuchungen, verwies aber auch auf die Wichtigkeit der denkmalpflegerischen Arbeit, des ehrenamtlichen Engagements und der Weitergabe der neuen Erkenntnisse an die breite Öffentlichkeit. Damit werde den Bürgerinnen und Bürgern ein Teil ihrer Geschichte zurückgegeben.

Für das Stadtmuseum Ingolstadt folgt daraus die Aufgabe, die neuen Funde zu präsentieren und die Geschichte doch ein wenig umzuschreiben. Wer so lange nicht warten möchte, kann das umfangreiche Forschungswerk schon jetzt zum Preis von 90 Euro an der Kasse des Stadtmuseums erwerben.