Noch Anfang 2018 konnte man sich allein mit der Erwähnung von Flugtaxis öffentlich zum Trottel machen. So geschehen bei der Staatsministerin für Digitalisierung: Nach einem Interview im heute-journal erntete Dorothee Bär (CSU) Hohn und Häme. Dabei hätte einem Google auch damals schon gesagt: So kindlich-fantastisch, wie die Spötter vermuteten, sind Passagierdrohnen im Himmel über Berlin gar nicht. Bereits heute entflieht – wer es sich leisten kann – mit dem Helikopter dem Stau in den Innenstädten der Welt. Schon morgen könnte jeder in die Luft gehen.

Das zumindest ist das Versprechen der Flugtaxidienste, die Anfang des nächsten Jahrzehnts ihren Dienst aufnehmen wollen. Was auf den ersten Blick nach Science-Fiction aussieht, steht kurz vor dem Durchbruch. Bereits 2020 soll der Probebetrieb in Städten wie Dubai, Los Angeles, Dallas und Singapur starten. Ab 2023, so schätzen Experten, startet der kommerzielle Betrieb. Während dann wohl zunächst noch Piloten mit an Bord sind, könnten Drohnen von 2025 an autonom über den Dächern der Metropolen schweben, im Bündel gesteuert von Bodenpersonal.

Rund 3.000 Flugtaxis werden zu diesem Zeitpunkt weltweit im Einsatz sein, prognostiziert eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. 2030 steige ihre Zahl auf 12.000, spätestens 2050 seien knapp 100.000 der fliegenden Taxis unterwegs. Nicht nur in den USA und Südostasien, sondern auch in deutschen Groß- und Mittelstädten. In Regionen wie dem Ruhrgebiet, im Rhein-Main-Raum oder im Dreieck München, Augsburg, Ingolstadt könnten sie die Reisen auf Kurz- und Mittelstrecken extrem beschleunigen. Einen zeitlichen Vorteil sollen Flugtaxis gegenüber heutigen Verkehrsmitteln schon ab zehn Kilometern Reisedistanz bringen, die maximalen Reichweiten liegen bei rund 300 Kilometern.

Wohl kein Verkehrsmittel für die Masse

Wer die Flugtaxis langfristig betreibt, ist noch offen. Aktuell arbeiten unter anderem Autohersteller wie Daimler, Airbus, der Fahrdienstvermittler Uber sowie diverse Start-ups an technischen und organisatorischen Konzepten, darunter die deutschen Firmen Lilium Aviation und Volocopter. Airbus hat bereits zwei Prototypen entwickelt, der US-Konkurrent Boeing kaufte einen Flugtaxientwickler auf. Auch Technologieunternehmen wie Bosch setzen auf die Flugtaxis. Die Stuttgarter haben mit ihrem Know-how aus dem Autobau eine Sensorbox entwickelt, die Beschleunigung, Höhe, Geschwindigkeit und Position des Flugtaxis misst und hilft, es in der Luft zu halten.

Entwicklungen wie diese zeigen beispielhaft, warum sich die Entwicklung der Flugtaxis aktuell beschleunigt: Die aus dem modernen Auto übernommene Technik ist erheblich günstiger als die für den Bau klassischer Helikopter genutzte Luftfahrttechnologie. Sie wäre in den Flugtaxis nicht nur kostspielig, sondern auch hinsichtlich der Leistungsfähigkeit völlig überproportioniert, da die Fluggeräte auf moderater Höhe und bei gemäßigten Bedingungen unterwegs sind. Durch den Techniktransfer aus dem Auto kostet eine komplette Drohne nur rund 400.000 bis 600.000 Euro. Das ist etwa so viel wie ein Reisebus.

Die Drohnen werden elektrisch angetrieben, in der Regel wohl mithilfe von vier Propellern. Diese Quadrocopter kennt man auch aus dem Spielwarenhandel. Alternativ oder zusätzlich sind auch Multicopter oder Konzepte mit Flügeln für den zeitweiligen Gleitflug denkbar. Die nötige Energie kommt aus Akkus, die man dem Elektroauto abgeschaut hat. Das Buchungs- und Bezahlsystem könnte ebenfalls aus dem Fahrzeuggeschäft übernommen werden – nicht umsonst zählt Uber zu den größten Treibern der Entwicklung.

Während die Technik selbst bereits recht weit ist, fehlt es aktuell noch an anderer Stelle. Ungeklärt ist etwa, wo die Flugtaxis künftig starten und landen sollen. Neben Hochhausdächern sind als Standort etwa die obersten Decks von Parkhäusern denkbar. Dort müsste es, abgesehen von ausreichendem Platz für die Drohnen, auch Warteräume für die Passagiere sowie Auflade- oder Tauschmöglichkeiten für die Akkus geben. Der Mineralölkonzern Aral hat kürzlich ein Konzept für die Tankstelle der Zukunft vorgestellt, die über eine komplette Drohneninfrastruktur verfügt.

Noch weitgehend offen ist auch, wie das Taxifliegen für die Kundinnen und Kunden organisiert sein soll. Wird es analog zum Bus- und Straßenbahnverkehr Linien geben? Oder bestimmen die Insassen wie beim Taxi selbst Ort und Zeit? Auch beide Lösungen nebeneinander wären denkbar. Bei den Kosten soll die Drohne mit aktuellen Nahverkehrsangeboten konkurrenzfähig sein. Ein Aufpreis für die stau- und smogfreie Beförderung dürfte aber wohl schon anfallen. Und die Massen, die heute etwa in Berlin mit U- und S-Bahn unterwegs sind, werden wohl auch in einigen Jahrzehnten kaum alle mit Drohnen zu ihrem Ziel fliegen – dann wäre der Luftraum über der Stadt übervoll mit fliegenden Taxis.