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12.10.2021

Biotopvielfalt in der Stadt

Wertvolle Lebensräume werden kartiert

Seit Jahren beobachtet die Wissenschaft international, national und auch in Bayern, dass naturnahe Lebensräume (Biotope) für heimische Tier und Pflanzen zunehmend verschwinden und mit ihnen die Artenvielfalt rasant abnimmt. Da man nur schützen kann, was man kennt, ermittelt das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) schon seit 1977 bayernweit diese wertvollen Lebensräume durch eine Kartierung. Diese Biotopkartierung erfasst und beschreibt nach einem bayernweit einheitlichen Schema wertvolle Lebensräume, wie die nach dem Bayerischen und dem Bundesnaturschutzgesetz geschützten Biotoptypen. Die Kartierung liefert eine Bestandsaufnahme der wertvollen Flächen und der Pflanzenarten, die dort leben. Damit ist sie eine wertvolle Grundlage für die tägliche Arbeit der Stadt, von Naturschutzbehörden und -verbänden, Planungsbüros oder wissenschaftlichen Einrichtungen. Anhand der Daten können beispielsweise Bauvorhaben geplant und beurteilt oder Naturschutzmaßnahmen vorgenommen werden.

Die Biotopkartierung ist eine wesentliche Grundlage für die Weiterentwicklung des Landschaftsplanes, die von Bürgermeisterin Petra Kleine und Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle mit Nachdruck vorbereitet wurde und die ebenfalls derzeit durchgeführt wird. „Der Aufbau grüner Strukturen zur Klimaanpassung und eines Biotopverbundes bauen auf den Biotopen auf. Diese können dann sinnvoll vernetzt werden, Flächen nur dann sinnvoll angekauft oder begrünt werden, wenn wir auf den bestehenden ökologisch wertvollen Flächen aufbauen“, so Bürgermeisterin Kleine.

In Ingolstadt wurde die erste Biotopkartierung 1986 durchgeführt. Bei der letzten Aktualisierung 2003/2004 wurden 813 Biotope mit einer Gesamtfläche von rund 1.800 Hektar erfasst. Dies entspricht einem Biotopanteil von ungefähr 13 Prozent des Stadtgebiets. Da sich in den letzten knapp 20 Jahren auch in der Landschaft um Ingolstadt viel verändert hat, wird die Erfassung schützenswerter Lebensräume nun wiederholt. Im Auftrag der Stadt Ingolstadt und unter fachlicher Leitung des LfU nehmen Fachleute seit diesem Frühjahr und bis Herbst 2022 die Naturschätze im Stadtgebiet unter die Lupe. Wälder, deren Fläche mehr als 5.000 Quadratmeter beträgt, werden nur dann kartiert, wenn sie Eigentum der Stadt Ingolstadt sind. Die Ergebnisse der Kartierung liegen voraussichtlich im Sommer 2023 vor. Rund 140.000 Euro stellen der Freistaat Bayern und die Stadt Ingolstadt gemeinsam für die Naturinventur in der Stadt zur Verfügung.

Die Biotope werden bei allen Überlegungen auch zum Schutz des zweiten Grünrings eine ganz wesentliche Rolle spielen. „Der Schutz des Grünrings muss sich naturschutzfachlich sinnvoll aus der Landschaft heraus ergeben sowie aus dem Potenzial, das darin für den Aufbau grüner Strukturen zur Klimaanpassungen und Biodiversität steckt“, so die Bürgermeisterin.

Die dichten, im Gerolfinger Eichenwald auch parkartig aufgelichteten, Auwaldbestände mit ihren zahlreichen Altgewässern entlang der Donau sind von überregionaler Bedeutung. Sie umfassen darüber hinaus sehr wertvolle, orchideen- und enzianreiche Magerrasen auf ehemaligen Kiesbrennen. Mit der Schutter, der Sandrach, dem Mailinger Bach und einer Vielzahl weiterer Bäche und Gräben besitzt Ingolstadt Biotopachsen, die begleitet von Gehölzsäumen und Feuchtwiesen Leitlinien für Tiere und Pflanzen sind. Sie haben aber auch als Erholungsraum Bedeutung. Entsprechendes gilt für die über das ganze Stadtgebiet verteilen Hecken, Feldgehölze und Gebüsche, die das Landschaftsbild maßgeblich bestimmen und Bausteine im Biotopverbund darstellen. Die ehemaligen Festungsanlagen, Forts und Zwischenwerke sind eine Besonderheit der Stadt und umfassen oft wertvolle Biotopkomplexe. Alle diese Biotope sorgen für eine große Artenvielfalt in der Stadt. Der Kammmolch, die Wasserfledermaus, der Rohrschwirl, die Keilfleck-Libelle und der Arznei-Haarstrang gehören zu den bayernweit bedeutsamen Arten, die im Stadtgebiet Ingolstadt Lebensraum finden.